Kommissbrot – Das Volksauto aus dem Hause Hanomag

Die Idee eines Autos, das sich jeder leisten kann und welches möglichst einfach gehalten ist, wurde nicht erst mit dem Volkswagen geboren, sondern bereits in der Zeit der Weimarer Republik.
Karl Pollich und Fidelis Böhler entwickelten ab 1923 mit dem Hanomag 2/10 PS den ersten fließbandgefertigten deutschen Kleinwagen. Obwohl das Auto für seine Zeit revolutionär war, musste es einiges an Spott ertragen und wurde kein großer Verkaufsschlager.

Ein Hanomag „Kommissbrot“ aus dem Jahre 1926 im Museum Sinsheim

 
Konstrukteur Böhler soll als Vorlage für die Form zwei alte Sessel ohne Beine genommen haben, um welche herum er die Grundform für den Fahrgastraum entwickelte. Die Karosserie selbst wurde sehr kompakt und materialarm gehalten. Es war eines der ersten Autos mit Pontonkarosserie, also ohne die damals üblichen Kotflügelaufsätze und Trittbretter.
Ursprünglich wurde der Wagen für die eigens gegründete Butenuth-Fahrzeugwerke AG entwickelt, erweckte aber auf der Berliner Automobilausstellung das Interesse der legendären Firma Hanomag die sich die AG und den Wagen kurzerhand sicherte und nach einigen Überarbeitungen im März 1925 als Hanomag 2/10 PS vorstellte.

 
Nach seiner Markteinführung im Jahr 1925 setzte sich aufgrund seiner urigen Form schnell der Name „Kommissbrot“ durch, war er einem Brot doch gar nicht so unähnlich. Mit seinem Mittelmotor, also dem Motor zwischen den Achsen, war der 2/10 PS auch für den Rennsport interessant und so war es nicht verwunderlich, dass 1927 drei Hanomag am Nürburgring starteten. Mit abgebauter Karosserie kam einer der Wagen nach 12 Runden, was damals 340,8 km entsprach, mit einer beachtlichen Durchschnittsgeschwindigkeit von 60,8 km/h ins Ziel.





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Technisch ausgestattet war der „Kommissbrot“ mit einem 1 Zylinder 4 Takt Motor und hatte, wie der eigentliche Name schon vermuten lässt, 10 PS. Der Motor hatte gerade einmal 502 cm³ und war mit einem Verbrauch von nur ca. 5 Litern auf 100 Kilometern, selbst für heutige Verhältnisse, äusserst sparsam. Allerdings war das Leergewicht auch gerade einmal bei ca. 400 kg und auch die Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h ist natürlich nicht mit heutigen Modellen vergleichbar.

Eine Niederländische Werbung für den Hanomag 2/10 PS aus dem Jahre 1928

 
Dank Fließbandfertigung und wenig Luxus, konnte der Kommissbrot schon ab 2.175 Reichsmark (Was immer noch mehr als ein durschnittliches Jahreseinkommen war) erworben werden. Dennoch blieb der durchschlagende Verkaufserfolg aus, war die neue Form für die Kundschaft wohl doch zu gewöhnungsbedürftig und seiner Zeit voraus. Auch eine leichte optische Anpassung im Folgejahr brachte keine große Wende. In den drei Jahren seiner Produktionszeit konnten nur knapp 16.000 Stück abgesetzt werden, die Konkurrenzmodelle wie der Opel Laubfrosch oder der Dixi waren da deutlich erfolgreicher. Was blieb waren neben dem Spitznamen auch Redewendungen wie:

 

Ein Kilo Blech, ein Kilo Lack – und fertig ist der Hanomag!

 
Trotzdem gehörte der Hanomag 2/10 PS noch bis in die Nachkriegsjahre vereinzelt zum Straßenbild, ehe der legendäre VW Käfer zum ersten echten Volksauto wurde. Heute sind die wenigen verbliebenen Modelle Museumsstücke und damit ein Stück Automobilgeschichte. Auch die Firma Hanomag aus Hannover ist heute längst Geschichte. Nachdem sie in den Nachkriegsjahren keinen Fuß mehr im PKW Bau fassen konnten, produzierte sie überwiegend Nutzfahrzeuge wie LKW oder Traktorn. 1984 folgte die Insolvenz und später die Übernahme durch den japanischen Industriekonzern Komatsu.