Die Comedian Harmonists

Die Comedian Harmonists stellen ohne Zweifel eine, wenn nicht sogar die bekannteste Musikgruppe der Weimarer Republik dar. Mit bekannten Liedern wie „Mein kleiner grüner Kaktus“, „Ein Freund, ein guter Freund“ oder „Veronika, der Lenz ist da!“ schafften sie Evergreens die selbst heute noch vielen Menschen etwas sagen. Ihre eigentliche Geschichte, die auch mit dem Umbruch durch den Nationalsozialismus zu tun, ist hingegen wohl nur wenigen Leuten geläufig.

 
Die Geschichte der Comedian Harmonist geht auf den 1906 geborenen Harry Frommermann zurück. Er kam aus einer jüdischen Familie und war, nachdem er sich mit seinem Vater zerstritten hatte und seine Mutter zu früh verstarb, auf sich allein gestellt. Nach dem gescheiterten Besuch einer Schauspielschule beschloss Frommermann, trotz seiner fehlenden akademischen Musikausbildung, eine Gesangsformation zu bilden und veröffentlichte am 18. Dezember 1927 folgende Anzeige im Berliner Lokal-Anzeiger:

 

Achtung. Selten. Tenor, Baß (Berufssänger, nicht über 25), sehr musikalisch, schön klingende Stimmen, für einzig dastehendes Ensemble, unter Angabe der täglich verfügbaren Zeit gesucht





Anzeige

 
Obwohl sich zahlreiche Männer auf die Anzeige meldeten (mindestens 70) konnte sich Frommermann nur mit Robert Biberti anfreunden, der neben einer tollen Bassstimme auch seine Begeisterung für die amerikanische Gesangsformation The Revelers teilte. Jedoch kamen über Biberti, der Chorkollegen hatte, weiter Mitglieder zur Gruppe bis sie schließlich zu sechst waren. In der Anfangsformation waren Ari Leschnikoff, Walter Nußbaum und Harry Frommermann als Tenöre, Roman Cycowski als Bariton- und Robert Biberti als Bassstimme. Für die Klavierbegleitung sorgte Erwin Bootz als Pianist. Ab 1929 ersetzte Erich A. Collin Nußbaum als 2. Tenor, ansonsten blieb die Gruppe bis zum Ende der Weimarer Republik unverändert zusammen.

Die Comedian Harmonists (von links): Robert Biberti, Erich A. Collin, Roman Cycowski, Erwin Bootz, Ari Leschnikoff und Harry Frommermann

 
Nach mehreren Monaten Probe sang die Gruppe im Juni 1928 erstmals im Berliner Scala vor. Allerdings wurden sie, mit der Begründung nicht den dortigen Publikumsgeschmack zu treffen, abgelehnt und so mussten sie auf ein, ca. zwei Monate später angesetztes, Vorsingen beim Berliner Varietékönig Erik Charell hoffen, welches deutlich erfolgreicher verlief.
Trotzdem landete die Formation durch ihren Agent Bruno Levy vorerst bei Charells Konkurrent Herman Haller in dessen großem Schauspielhaus sie am 1. September 1928 den ersten Auftritt vor Publikum hatten. Später konnten sie sich aber auch mit Charell einigen, der ihnen 16 Reichsmark pro Abend zahlte und von dem auch der Vorschlag für den Namen „Comedian Harmonists“ kam.

 
Die Comedian Harmonists, die Anfangs nur als Teil von Revueprogrammen auftraten, gewannen sehr schnell an Popularität und waren bald auf der Liste verschiedenster Veranstalter in Berlin. Im Laufe des Jahres 1929 folgten erste Auftritte ausserhalb der Hauptstadt, wie in Hamburg, Köln und schließlich am 27.12.1929 in Leipzig. Hier traten sie ebenfalls nur als Gäste in Mischa Spoliansky’s Revue „Zwei Krawatten“ auf, wurden aber vom Publikum groß gefeiert. In den Leipziger Neuesten Nachrichten stand am nächsten Tag:

 

Zu dieser Musiksensation kam die andere der Comedian Harmonists, einer famosen Sängergruppe, die als Vokal-Jazzband mit köstlich geschulten Stimmen die Handlung so witzig begleitete und interpretierte, daß Stürme des Beifalls ihr immer neue Zugaben abzwangen.

 
Die guten Presse und das begeisterte Publikum ermutigte die Gruppe dazu endlich auch eigenständige Konzerte zu veranstalten. So kam es, nur einen Monat später und wiederum in Leipzig, zu einem total ausverkauften Konzert im Leipziger Schauspielhaus, welches den Durchbruch der Comedian Harmonists markiert. Erwin Bootz und Ari Leschnikoff erinnerten sich wie folgt an das legendäre Konzert:

 

Bootz: „Wir erlebten einen Applaus, den wir noch nie erlebt hatten! Und zwar unerwartet. Die Leute haben getrampelt und geschrien.“
Leschnikoff: „Das erste Mal, wie sie klatschen, wie sie toben, diese Schreie vom Publikum – kein Wort! Nur Tränen! Ich hab‘ geweint, als hätte ich den besten Freund verloren!“

Die Comedian Harmonists verkauften auch zahlreiche Schalplatten wie „Ein Freund, ein guter Freund“

 
Ab 1930 begann das Goldene Zeitalter der Comedian Harmonist. Ausverkaufte Konzerthallen, Schallplattenverkäufe mit Hits wie „Veronika, der Lenz ist da!“ oder „Wochenend und Sonnenschein“ sowie Auftritte im Tonfilm bescherte den Mitgliedern ein mehr als gutes Einkommmen.
Viele ihrer Hits wurden sogar mehrsprachig gesungen, so dass die Gruppe auch im Ausland Erfolg hatte. Dies hätte sicher noch lange so weitergehen können, hätten die Nationalsozialisten nicht 1933 die Macht im Reich übernommen und der Weimarer Republik ein jähes Ende bereitet.

 
Die Hälfte der Comedian Harmonists, nämlich Frommermann, Collin und Cycowski, waren Juden, was das Ensemble bereits im Jahre 1933 zu spüren bekamm, nachdem mehrere bereits vertraglich zugesicherte Konzerte abgesagt wurden.
Im Herbst 1933 kam es zur Gründung der Reichsmusikkammer, die eine Zwangsmitgliedschaft vorsah, wolle man seinen Beruf als Musiker weiter ausüben. Der Erlass für diesen Zwang folgte am 5. März 1934 und war mit der Vorlage eines Ariernachweis verbunden. Bis zum 1. Mai 1934 hatten die Comedian Harmonists noch eine Ausnahmegenehmigung, danach waren Deutschlandkonzerte in der bestehenden Formation nicht mehr möglich.

 
Infolgedessen n folgte eine gemeinsame Tournee durchs Ausland bis zum letzten Auftritt der Comedian Harmonists im Februar 1935 in Norwegen. Anschließend trennte sich das Ensemble in zwei Nachfolgegruppen, wobei die jüdischen Mitglieder ins Exil gingen und dort eine neue Formation mit dem Namen „Comedy Harmonists“ gründeten, während die verbleibenden fortan unter dem Namen „Meistersextett“ auftraten. Beide Gruppen existierten noch bis 1941.

 
Amazon Tipps zu den Comedian Harmonists: